IST-STUDIENINSTITUT
SGT
18-1018D
Homburger Turngemeinde 1846 e.V.
Kraftausdauertraining mit Senioren
Schwerpunktmäßiges Kraftausdauertraining der Rumpfmuskulatur mit Senioren unter dem Einsatz von Kleingeräten aus dem Kursbereich
Tag der Abgabe: 23.06.2020
Vorgelegt von: Ralf Kraft
Teilnehmernummer 128546
Niederstedterweg 14
61348 Bad Homburg
1. Inhaltsverzeichnis
2. Abbildungsverzeichnis
3. Einleitung
4. Krafttraining im Kraftausdauerbereich
4.1. Einfache Definition von Kraftausdauer
4.1.1 Definition Kraftausdauer literarisch
4.1.2 Definition Kraftausdauer biomechanisch/physiologisch
4.2 Trainingsmethoden im Kraftausdauertraining
4.2.1 Extensive Kraftausdauermethode
4.2.2 Intensive Kraftausdauermethode
4.3 Physiologische Wirkungen des Kraftausdauertrainings
4.3.1 Wirkungen auf den passiven Bewegungsapparat
4.3.2 Wirkungen auf aktiven Bewegungsapparat
4.3.3 Internistische Wirkung auf den Organismus
5. Kraftausdauertraining mit Senioren
5.1 Definition der Zielgruppe Senioren
5.2 Häufige Krankheitsbilder der Zielgruppe Senioren
5.2.1 Internistische Krankheitsbilder
5.2.1.1 Hypertonie
5.2.1.2 Herzinfarkt
5.2.1.3 Diabetes mellitus Typ 2
5.2.1.4 Metabolisches Syndrom
5.2.1.5 Psychische Probleme
5.2.2 Orthopädische Krankheitsbilder
5.2.2.1 Arthrose
5.2.2.2 Rheumatische Erkrankung
5.2.2.3 Osteoporose
5.2.2.4 Künstliche Gelenke
5.2.2.5 Erkrankungen der Wirbelsäule
5.3 Does and Don´t s im Kraftausdauertraining mit Senioren
5.3.1 Beachten der gesundheitlichen Einschränkungen
5.3.2 Richtige Zielsetzung und Anwendung der Trainingsprinzipien
5.3.3 Geeignete Trainingsmittel, Formate, Didaktik und methodische Prinzipien
6. Anatomie Rumpf
6.1 Aktiver Bewegungsapparat Rumpf
6.1.1 Bauchmuskulatur
6.1.2 Rückenmuskulatur
6.2 Passiver Bewegungsapparat Rumpf
7. Interview mit Trainerin Hildegard
8. Unterrichtseinheiten
8.1 Kursstunde 1
8.2 Kursstunde 2
8.3 Kursstunde 3
9. Fazit
10. Literaturverzeichnis
2. Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: Beliebteste Sportarten von Senioren im Jahr 2013
Abbildung 2: Prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in Deutschland nach Altersgruppen in den Jahren von 2013 bis 2060 (in Millionen)
Abbildung 3: Zusammenfassung der Muskelfasereigenschaften
Abbildung 4: Schematische Darstellung der Bauchmuskulatur in Frontalansicht
Abbildung 5: Schematische Darstellung der Rücken- und Bauchmuskulatur in Seit-und Rückenansicht
3. Einleitung
Diese Arbeit befasst sich mit dem Thema Kraftausdauertraining für die Zielgruppe Senioren. Im Fokus des Trainings steht die Rumpfmuskulatur sowie die mit der Rumpfmuskulatur zusammenhängenden Strukturen. Im Rahmen der Arbeit wird ausschließlich auf das Training mit Kleingeräten aus dem Kursbereich eingegangen. Diese Trainingsgeräte sind jedoch für diese Zielgruppe sehr geeignet. Eine Forsa Umfrage aus dem Jahr 2013 zeigt, dass Fitness und Gymnastik in Kursform die beliebteste noch aktiv praktizierte Sportart bei über 66 jährigen in Deutschland ist (Abb. 1 www.statistia.com, Zugriff 02.06.2020). Vor allem der Rumpfmuskulatur gilt es beim Training mit Senioren besondere Beachtung zu schenken. Aus trainingswissenschaftlicher und medizinisch-physiologischer Sicht sind auch die Krafttrainingsmethoden Hypertrophie- und Maximalkrafttraining für diese Zielgruppe eindeutig sinnvoll. Jedoch finden diese in der Praxis selten Anwendung, da sie einerseits vom trainierenden Senior nicht akzeptiert, andererseits aus gesundheitlichen Gründen nicht einsetzbar oder als Gruppentraining im Kursbereich nicht durchführbar sind. Die Praxis zeigt dass in den Bereichen in denen Senioren Fitnesstraining betreiben sehr oft die Kraftausdauermethode Anwendung findet, die in jeglicher Hinsicht positive Auswirkungen auf den Organismus hat. Durch den demographischen Wandel in Deutschland steht unsere Gesellschaft in nicht sehr ferner Zukunft vielen Problemen gegenüber, den dieser mit sich bringt. Im Jahr 2020 ist mehr als jeder dritte Erwerbstätige über 50 Jahre alt. Der Anteil an über 60-jährigen in unserer Gesellschaft wird bis zum Jahr 2060 auf knapp 40 %, und der Anteil der über 80-jährigen auf ca. 10-15 % steigen (Abb. 2, vgl. www.statistia.com, Zugriff 01.06.2020). Das Renteneintrittsalter liegt im Moment bei 65 Jahren. Dem Erhalt von Arbeits- und Erwerbsfähigkeit, Selbstständigkeit sowie Selbstversorgung in Alltag und Freizeit kommt daher in den nächsten Jahrzehnten eine steigende Bedeutung zu. Je inaktiver der Lebensstil, umso frühzeitiger zeigen sich altersbedingte Veränderungen. Die Reduktion der motorischen Kompetenz und eine Minderung visueller und vestibulärer Fähigkeiten gehen einher mit einem Verlust von Muskelfasern. Ebenfalls die inter- und intramuskuläre Koordination verschlechtert sich. Dies hat funktionelle Einbußen im Kraft- und Gleichgewichtsvermögen und eine zunehmende Gangunsicherheit zur Folge. Die Sturz- und Verletzungshäufigkeit steigt bereits ab der fünften Lebensdekade an. Ab 65 Jahren stürzen ca. 30 % aller Personen mindestens einmal pro Jahr (vgl. MAYER et al. Deutsches Ärzteblatt 2011). Das Training mit Senioren stellt daher in vielen Hinsichten eine Herausforderung für den Trainer dar. Da es in Zukunft aber immer wichtiger sein wird, und sich diese Zielgruppe ständig vergrößert, ist es wichtig und sinnvoll sich als Trainer mit der Thematik zu befassen.
Abbildung 1 Beliebteste Sportarten von Senioren in Deutschland im Jahr 2013
Abbildung 2 Prognostizierte Bevölkerungsentwicklung in Deutschland nach Altersgruppen in den Jahren von 2013 bis 2060 (in Millionen)
4. Krafttraining im Kraftausdauerbereich
4.1. Einfache Definition von Kraftausdauer
Die Kraftausdauer ist die Ermüdungswiderstandsfähigkeit des Muskels gegen lang anhaltende Belastungen mit niedriger Intensität. Die beeinflussenden Größen „lang anhaltend“ und „niedrige Intensität „ werden im späteren Kapitel 4.2 „Trainingsmethoden im Kraftausdauertraining“ genau definiert.
4.1.1 Definition Kraftausdauer literarisch
Die Kraftausdauer wird definiert als Fähigkeit des neuromuskulären Systems, eine möglichst hohe Impulssumme in einer gegebenen Zeit gegen höhere Lasten zu produzieren, bzw. das Vermögen, eine gegebene Kraftbelastung möglichst lange aufrecht zu erhalten (ausgedrückt als Anzahl der Wiederholungen bzw. bei statischer Beanspruchung als Haltedauer in Sekunden) (vgl. BOECKH-BEHRENS 2008)
„Mit Kraftausdauer wird die Fähigkeit des neuromuskulären Systems bezeichnet, eine möglichst große Impulssumme in einem definierten Zeitraum (längstens 2 Minuten bei maximaler Auslastung) gegen höhere Lasten (mehr als 30 % der Maximalkraft) zu produzieren und dabei die Reduktion der produzierten Impulse im Verlauf der Belastung möglichst gering zu halten.“ (vgl. SCHMIDTBLEICHER 1987)
4.1.2 Definition Kraftausdauer biomechanisch/physiologisch
Der menschliche Körper besteht aus unterschiedlichen Arten der Skelettmuskulatur. Es wird zwischen roten Typ I Muskelfasern oder auch slow twitch = ST- Fasern, und weißen Typ II Muskelfasern auch fast twitch = FT Fasern unterschieden. Die roten Muskelfasern kontrahieren relativ langsam, die weißen dagegen sehr schnell. Aus diesen anatomischen Gegebenheiten ergibt sich die zweite biomechanische Definition für Kraftausdauertraining. Bei dem Kraftausdauertraining wird vor allem dieser Typ I Muskelfasertyp trainiert. Im Vergleich zum reinen Ausdauertraining werden jedoch beim Kraftausdauertraining nicht ausschließlich rote Typ I Muskelfasern beansprucht sondern auch noch spezielle weiße Typ IIc, sogenannte intermediäre Fasertypen. Diese kontrahieren schneller als die roten Muskelfasern, haben jedoch auch günstige Voraussetzungen für die aerobe Energiebereitstellung. Zum Teil werden auch Typ IIa Fasern aktiviert, da der menschliche Körper immer als komplettes System funktioniert. Ein Training der Typ IIx Fasern kann jedoch im Kraftausdauerbereich ausgeschlossen werden (vgl. WEINECK 2007,).
Typ I (ST Fasern)
Typ IIc / IIa ( FT Fasern )
Typ IIx ( FT Fasern)
Im Kraftausdauertraining aktiv
Ja, fast ausschließlich
Ja, geringer Teil
Nein
Energiebereitstellung
Aerob , Kohlenhydrate, Fette,
Myosin-ATP-ase Aktivität gering
Aerob-und Anaerob, Kohlenhydrate
Myosin-ATP-ase Aktivität hoch
Anaerob,
ATP, Kreatinphosphat,
Myosin-ATP-ase Aktivität sehr hoch
Kontraktionsgeschwindigkeit
langsam
schnell
sehr schnell
Mitochondrien, Myoglobin, Kapillaren
sehr viele
viele
Wenige
Erregungsschwelle
niedrig
hoch
sehr hoch
Ermüdungsresistenz
sehr hoch
gering
sehr gering
Abb.3 Zusammenfassung der Muskelfasereigenschaften eigene Darstellung (in Anlehnung an WEINECK 2007, S. 143 und BADTKE et al. 1995)
4.2 Trainingsmethoden im Kraftausdauertraining
4.2.1 Extensive Kraftausdauermethode
Bei der Extensiven Kraftausdauermethode wird mit 30-40 % des Einer-Maximums trainiert. Es werden 4-6 Serien mit einer Wiederholungszahl größer als 30 absolviert. Die Satzpause beträgt unter 60 Sekunden. Die Wiederholungen werden in schneller Bewegungsgeschwindigkeit von 2 Sekunden ausgeführt. Die Time under tension pro Satz beträgt mehr als 120 Sekunden. Zwischen den Trainingseinheiten soll eine Pause von 48 Stunden liegen (vgl. BOECKH-BEHRENS/BUSKIES 2008).
4.2.2 Intensive Kraftausdauermethode
Bei der Intensiven Kraftausdauermethode wird im Bereich zwischen 40-65 % des Einer- Maximums trainiert. Hier werden 3-5 Serien mit Wiederholungszahlen zwischen 15-30 absolviert. Die Satzpause sollte zwischen 60-120 Sekunden liegen. Auch hier wird mit schneller Kontraktionsgeschwindigkeit von 2-3 Sekunden pro Wiederholung trainiert. Die Time under tension liegt bei der intensiven Kraftausdauermethode zwischen 60-100 Sekunden pro Satz. Diese Trainingsmethode kann alle 48 Stunden angewandt werden (vgl. BOECKH-BEHRENS/BUSKIES 2008).
4.3 Physiologische Wirkungen des Kraftausdauertrainings
Der Mensch erreicht sein Kraftmaximum geschlechtsabhängig in einem Alter von 18 bis 22 Jahren. Bei überwiegend körperlicher Inaktivität reduziert sich jedoch der Muskelquerschnitt ab einem Alter von 25 Jahren. Dabei verliert der Mensch dann ca. 1% seiner Muskelmasse pro Jahr. Da die Muskelfasern auch im Alter ständigen Umbauprozessen unterliegen, ist die älteste Muskelfaser im Körper in der Regel nicht älter als 18 Jahre. Somit sind die Muskulatur und auch die Kraftausdauer in jedem Alter gut trainierbar. Diese Tatsache bietet eine gute Basis für nachhaltige Bewegungssicherheit und somit für langfristige Bewegungsfreude, Mobilität und Lebensqualität (vgl. KUNERT C. 2014, Vital und Gesund). In der trainingspraktischen Umsetzung geht es im Bereich des Kraftausdauertrainings einerseits um den Erhalt sowie die Verbesserung der Kraft des Stütz-. Halte- und Bewegungsapparates, wobei der Rumpfmuskulatur eine besondere Bedeutung zukommt. Andererseits werden aber auch die gelenkstabilisierenden Muskelgruppen der oberen und unteren Extremitäten in das Training mit einbezogen. Im Kraftausdauertraining mit Senioren geht es inhaltlich mehr um das dynamische Überwinden von Widerständen als um statische Halteübungen. Im Mittelpunkt steht dabei die Rumpfmuskulatur.
4.3.1 Wirkungen auf den passiven Bewegungsapparat
Durch den Wechsel von Druck- und Zugbelastungen, im Kraftausdauertraining werden Auf- und Umbauprozesse in Knorpel- und Knochengewebe angeregt (vgl. DE MAREES 1996). Vor allem die Stabilisierung der Gelenke und die Entlastung der Wirbelsäule durch Kräftigung der Rumpfmuskulatur führen langfristig zu einer Reduzierung von Beschwerden und steigern das allgemeine Wohlbefinden.
4.3.2 Wirkungen auf aktiven Bewegungsapparat
Das Kraftausdauertraining trägt zu einem Erhalt sowie einer Steigerung der allgemeinen Kraftfähigkeit der Muskulatur bei und Verbessert es die physischen Gesundheitsressourcen. Die Muskelzelle verbessert ihre Säure- und Laktattoleranz. Das Training führt zu einer verbesserten Erholungsfähigkeit nach solchen Belastungen. Ebenfalls wird der laktazide und aerobe Stoffwechsel der Muskelzelle verbessert. Die Muskelglykogenspeicher vergrößern sich und es kommt zu einer Mitochondrienvermehrung und einer gesteigerten Kapillarisierung. Außerdem stellt die Verbesserung von inter- und intramuskulärer Koordination einen weiteren positiven Effekt des Trainings dar (vgl. DE MAREES 1996).
4.3.3 Internistische Wirkung auf den Organismus
Die Muskelzelle ist der Ort des Stoffwechsels, in der der Kalorienverbrauch stattfindet. Durch regelmäßiges Kraftausdauertraining wird der Kalorienverbrauch erhöht und trägt zu einer positiven Regulierung des Körpergewichts bei. So wird mit Entwicklung der Muskulatur gleichermaßen der Stoffwechsel unterstützt und der Energieverbrauch in Ruhe, als auch während des Trainings gesteigert. Es verringert sich bei Untrainierten mit der Muskelmasse auch der tägliche Energiebedarf zwischen dem 40. und dem 70. Lebensjahr um 1/3 bis 1/4 (vgl. KUNERT C. 2014 Vital und Gesund). Dies begünstigt maßgeblich die Entstehung von Übergewicht im Alter. Den damit einhergehenden Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Fettstoffwechselstörungen kann mit dem Kraftausdauertraining entgegengewirkt werden. Der Glykogenspeicher in der Leber vergrößert sich. Das Herzkreislaufsystem wird positiv beeinflusst und aerobe Prozesse werden aktiviert. Durch die gesteigerte Kapillarisierung der Muskelzellen kann es zu einer Blutdrucksenkung bei Hypertonikern kommen. Nicht vergessen werden sollte auch die positive Wirkung des Kraftausdauertrainings auf die Psyche und die sozialen Komponenten, was vor allem im Alter durchaus einen großen Aspekt darstellt. Abschließend, und speziell für die Zielgruppe Senioren wichtig, wird durch das richtig gestaltete Kraftausdauertraining und die Stärkung der Rumpfmuskulatur, das Gleichgewicht, die Propriozeption und Koordinationsfähigkeit erhalten bzw. wieder verbessert, was zu einer Sturzprophylaxe beiträgt.
5. Kraftausdauertraining mit Senioren
Im Training mit Senioren ist die Kraftausdauermethode die am häufigsten angewandte Trainingsmethode. Andere Krafttrainingsmethoden wie Hypertrophietraining oder Maximalkrafttraining sind ebenfalls sehr sinnvoll und zu empfehlen (vgl. MAYER et al. Deutsches Ärzteblatt 2011). Das Maximalkrafttraining wäre eine im Hinblick auf Alltagsbewegungen, die einen einmaligen kurzen Kraftaufwand erfordern, wie das Aufstehen von einem Stuhl oder der Toilette, eine anzuratende Trainingsform. Diese Trainingsform würde auch die Schnell- bzw. Reaktivkraft fördern, die wiederum bei schnellen Reaktionen wie dem Abfangen eines Sturzes nötig wären. Auch wenn diese Trainingsmethoden in der Theorie für die genannte Zielgruppe sehr sinnvoll wären, sind sie in der Trainingspraxis mit Senioren auf Grund von gesundheitlichen Problemen nur schwer durchführbar. Ebenfalls erfordern diese Trainingsmethoden einen sehr hohen energetischen Aufwand des Körpers, den Senioren oft nicht mehr leisten können. Die Regenrationszeit für alte Menschen nach so einer Trainingseinheit ist sehr lange, und die körperliche Erschöpfung zu groß. Aus diesen Gründen wird in der Praxis meistens nach der Kraftausdauermethode trainiert, da diese bei einer progressiven Belastungssteigerung ebenfalls kraftfördernd wirkt und alle positiven Aspekte wie im Kapitel 4.3 „Physiologische Wirkungen des Kraftausdauertrainings“ mit sich bringt.
5.1 Definition der Zielgruppe Senioren
Eine genaue Definition für Senioren gibt es nicht. Es gibt jedoch gewisse Kriterien nach denen man die Zielgruppe genauer beschreiben kann. Nach dem Lebensalter und Renteneintrittsalter von 65 Jahren sind Senioren ungefähr ab diesem Alter grob anzusiedeln. Je nach Lebensstil sind Menschen ab diesem Alter körperlich und geistig noch sehr fit und würden sich sehr schlecht fühlen als Senior/in bezeichnet zu werden, andere wiederum sind durch Vorerkrankungen oder einem inaktiven Lebensstil, einer ungesunden Ernährung oder hohem Suchtmittelkonsum schon weit vor dem Renteneintrittsalter auf dem körperlichen oder geistigen Niveau eines hochbetagten Menschen. Vom ungefähren altermäßigen Beginn der Definition Senioren, im sportlichen Bereich bei 67 Jahren, würde man eine Altersobergrenze bei 80 Jahren ansetzen. Ab 80 Jahren würde man von hochaltrig sprechen, was dann wiederum zur Gruppe Senioren die Abgrenzung bildet (vgl. REGELIN, JASPER, HAMMENS, Aktiv bis 100, 2013). Ein anderer Faktor der nicht außer Acht gelassen werden darf sind die Vorerkrankungen. Beim Training mit Senioren wird der Trainer immer mit gewissen Krankheitsbildern konfrontiert werden da diese körperlichen Degenerationserscheinungen ganz normal sind. Jedoch ordnet ein gewisses Krankheitsbild in jüngeren Jahren einen Menschen nicht direkt zur Zielgruppe Senioren zu, sondern in andere Trainingsformen wie rehabilitations-, gesundheits- oder therapeutischen Sport. In diesen Gruppen können wiederum auch Senioren anzutreffen sein, jedoch aus dem Hintergrund des jeweiligen Ansatzes. Im Rahmen dieser Arbeit wird die Zielgruppe Senioren altersmäßig zwischen 65 bis 80 Jahren und ihren altersmäßigen Krankheitsbildern entsprechenden Belastungsstufen definiert.
5.2 Häufige Krankheitsbilder der Zielgruppe Senioren
5.2.1 Internistische Krankheitsbilder
Je nach körperlicher Verfassung und Belastbarkeit ist individuell abzuwägen ob zur intensiven oder extensiven Kraftausdauermethode geraten wird. Da generell ein Krafterhalt oder eine Steigerung der Kraft forciert wird, ist wenn möglich die intensive Kraftausdauermethode anzuwenden. Den internistischen Krankheitsbildern gilt die primäre Abklärung durch den Trainer, vor den orthopädischen, da diese die größere gesundheitliche Gefährdung darstellen.
5.2.1.1 Hypertonie
Hypertonie ist eine Erkrankungsbild bei dem der Blutdruck erhöht ist. Die Gründe dafür können verschieden sein. Bei Senioren ist oft eine artheriosklerotische Erkrankung, das Nachlassen der Windkesselfunktion, venöse Erkrankungen, Übergewicht oder Bewegungsmangel der Grund. Bei jüngeren Menschen gilt ein Blutdruck von 120/80 als normal. Da der Blutdruck auf Grund der organischen Veränderungen im Alter steigt, ist bei Senioren auch ein Wert von 140/80-85 als Normalwert anzusehen. Diesem Krankheitsbild kann durch das regelmäßige Kraftausdauertraining, vor allem durch die Wirkung der Kapillarisierung der Muskelzellen, einem Erhalt der Muskelmasse und der Verbesserung des Stoffwechsels entgegengewirkt werden.
5.2.1.2 Herzinfarkt
Der Herzinfarkt ist in Kombination mit den Herz- Kreislauferkrankungen die häufigste Todesursache weltweit (vgl. www.statista.com, Zugriff 02.06.2020). Beim Herzinfarkt wird eine Koronararterie durch einen Thrombus verschlossen. Das betroffene Areal der Herzmuskulatur wird dann nicht mehr mit Sauerstoff versorgt. Die Herzmuskelzellen sowie das Herzmuskelgewebe sterben in kürzester Zeit ab. Viele Senioren haben bereits einen Herzinfarkt überstanden und möchten sich durch sportliche Aktivität vor weiteren Infarkten schützen. Durch die Verbesserung des Fettstoffwechsels, der Blutfettwerte, einer Senkung des Blutdrucks, eines gesteigerten Kalorienverbrauchs, einer Gewichtsreduktion und einer verbesserten Durchblutung im Kapillargebiet, wirkt das Kraftausdauertraining bei Senioren einer Entstehung von Thromben entgegen und schützt diese somit vor einem (erneuten) Herzinfarkt (vgl. REGELIN, JASPER, HAMMENS, Aktiv bis 100, 2013) .
5.2.1.3 Diabetes mellitus Typ 2
Diabetes mellitus Typ 2 ist der sogenannte Altersdiabetes. Im höheren Alter sprechen die Körperzellen immer weniger auf das produzierte Insulin an. In Folge dessen steigert die Bauchspeicheldrüse ihre Insulinproduktion um den richtigen Blutzuckerspiegel aufrecht zu erhalten. Die erhöhte Arbeit kann die Bauchspeicheldrüse jedoch nur einige Jahre leisten bevor die Insulin produzierenden Langerhansschen Inselzellen absterben. Daraufhin steigt der Blutzuckerspiegel, was wiederum die Gefäßwände, Nerven und innere Organe schädigt. Dies wiederrum begünstigt dann die Entstehung von Herzinfarkten, Schlaganfällen, Durchblutungsstörungen der Extremitäten, Erkrankungen der Netzhaut, Nierenerkrankungen sowie Demenz. Auch diesem Krankheitsbild kann durch regelmäßiges Kraftausdauertraining im Seniorenalter entgegengewirkt werden. Da dabei eine Gewichtsreduktion, sowie eine Anregung des Zucker- und Fettstoffwechsels stattfindet, trägt das Training zu einer Senkung des Blutzuckerspiegels bei. Anzuraten ist jedoch auch zu dem Kraftausdauertraining ein Ausdauertraining im Grundlagenbereich sowie eine Analyse und Verbesserung der Ernährungs- und Lebensgewohnheiten durchzuführen, um eine realistische Senkung des Blutzuckerspiegels zu erreichen. Auch sollte eine medikamentöse Therapie mit einem Arzt abgesprochen sein, bis ein zu tolerierender Wert erreicht ist.
5.2.1.4 Metabolisches Syndrom
Das Metabolische Syndrom fasst noch einmal die vorangegangenen Krankheitsbilder (Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 1 und 2) als ein Krankheitsbild zusammen, da diese nicht unabhängig voneinander, sondern heutzutage oft zusammen auftreten. Es ist noch das Krankheitsbild Adipositas sowie die Fettstoffwechselstörung hinzuzufügen. Die Altersgruppe die im Jahr 2020 als Senioren einzuordnen ist, ist von dem Metabolischen Syndrom noch nicht so sehr betroffen wie es die Senioren ab dem Jahr 2030 und später sein werden. Gemäß der DEGS-Studie des Robert-Koch-Instituts (2008-2011) sind 67,1 Prozent der Männer und 53 Prozent der Frauen übergewichtig mit einem Body-Mass-Index (BMI) über 25 kg/qm. Adipös mit einem BMI über 30 kg/qm sind 23,3 Prozent der Männer und 23,9 Prozent der Frauen hierzulande (Alter 18 bis 91 Jahre). Durch den immer bewegungsärmer werdenden Alltag und eine Verschlechterung der Essgewohnheiten in Kombination mit einem übersteigerten Nahrungsmittelangebot sowie des steigenden Kaloriengehaltes der produzierten Nahrungsmittel, ist auch mit einer Zunahme der unter dem Metabolischen Syndrom leidenden älteren Bevölkerungsschicht zu rechnen. In der Zukunft wie auch schon jetzt wird der Trainer, der sich mit der Zielgruppe Senioren befasst, immer häufiger mit diesem Krankheitsbild konfrontiert. Das regelmäßige Kraftausdauertraining ist aus bereits oben genannten Gründen ein grundlegender Baustein um diesem entgegen zu wirken.
5.2.1.5 Psychische Probleme
Psychische Erkrankungen stellen oft ein weiteres, nicht sichtbares Krankheitsbild der Zielgruppe Senioren dar. Einsamkeit im Alter, eine nachlassende Produktion von Hormonen oder die Degeneration ihrer Rezeptoren, Schicksalsschläge, Erkrankungen, finanzielle Probleme, nachlassende körperliche Belastbarkeit sowie eine immer größer werdende Hilfsbedürftigkeit bei Alltagsaufgaben stellen nur einige der Aspekte der psychischen Belastungen im Seniorenalter dar. Übersteigen die Angst- und Unzuversichtsperioden die positiven Stimmungslagen einer Person, erkrankt diese an einer Depression, was auch das häufigste psychische Krankheitsbild im Alter darstellt. Durch die körpereigene Endorphin Ausschüttung, die durch das Training im Kraftausdauerbereich bewirkt wird, ist das Training ein Mittel um im Seniorenalter dieser Erkrankung vorzubeugen oder diese zu therapieren. Der Körper reagiert mit einem durch den Trainingsreiz gesetzten leichten positiven Schmerz mit der Produktion und Ausschüttung von Endorphinen um diesen Schmerzreiz zu stillen. Diese Endorphine haben eine sehr positiv stimulierende Wirkung der Psyche (vgl. DR. STRUNZ, U, 2010). Auch die sozialen Kontakte, die als weiterer positiver Effekt des Trainings, vor allem des Gruppentrainings entstehen, können hier als wesentlicher Teil mit aufgeführt werden.
5.2.2 Orthopädische Krankheitsbilder
5.2.2.1 Arthrose
Bei dem Krankheitsbild der Arthrose kommt es zu einer Schädigung des hyalinen Gelenkknorpels. Dieser Gelenkknorpel schützt den Knochen und die den Knochen umschießende Knochenhaut, das Periost. Wenn dieser Gelenkknorpel, durch langjährige Überbelastung durch z.B. Übergewicht, Arbeit oder Sport, traumatische Verletzungen oder Bewegungsmangel abgenutzt oder degeneriert ist, kommt es zu einem aufeinander Reiben der an dem Gelenk beteiligten Knochen. Hierbei ist zu sagen, dass der Schmerz nicht vom Reiben des Knochens aufeinander entsteht, da Knochengewebe nicht neuronal innerviert ist, sondern vom Reiben der Knochenhaut die den neuronalen Part des Knochens darstellt und somit schmerzempfindlich ist. Da der Verschleiß langsam über die Jahre voranschreitet, sind die meisten Senioren davon betroffen. Das Kraftausdauertraining stellt daher die optimale Trainingsmethode für diese Zielgruppe mit diesem Krankheitsbild dar, da mit Intensitäten trainiert wird, die meist mit Arthrose zu bewältigen sind. Falls die Arthrose in einem betreffenden Gelenk so weit fortgeschritten ist, dass die Trainingsmethode Kraftausdauer bereits starke Schmerzen auslöst, oder gar schon die Bewegung des Gelenks ohne zusätzliche Last, sollte der Trainierende den Bewegungsradius (Range of Motion) soweit reduzieren, dass er im schmerzfreien Bereich trainiert. In diesem Fall sollte auch speziell die extensive Kraftausdauermethode angewandt werden um die Last auf das Gelenk weiter zu reduzieren. Speziell das Training der Rumpfmuskulatur ist jedoch selbst bei starker Arthrose der Extremitätengelenke möglich, da die Gelenke der Wirbelsäule von diesem Krankheitsbild verschont sind. Der generelle positive Effekt des Kraftausdauertrainings ist der Schutz und die Stabilisierung des Gelenks durch die umgebende Muskulatur und somit eine Schmerzreduktion.
5.2.2.2 Rheumatische Erkrankung
Rheumatische Erkrankungen sind ein Sammelbegriff für verschiedene Beschwerdebilder, wie rheumatische Gelenkarthritis, Polyarthritis, Morbus Bechterew, Weichteilrheuma und andere. Anders als bei der Arthrose, die als Folge von Verschleiß auftritt, befällt das Gelenkrheuma mehrere Gelenke meist beidseitig. Ihnen allen ist gemein, dass sie fortschreitend in Schüben auftreten. Auch dieses Krankheitsbild ist sehr oft bei Senioren zu finden. Im akuten Schub sollte nicht trainiert werden. In der beschwerdefreien Zeit gelten die gleichen Trainingsempfehlungen und Effekte wie bei Arthrose (vgl. REGELIN, JASPER, HAMMENS, Aktiv bis 100, 2013).
5.2.2.3 Osteoporose
Osteoporose ist eine Stoffwechselerkrankung des Knochens die mit einem Verlust von Knochensubstanz einhergeht. Frauen sind davon häufiger betroffen als Männer. Dieses Krankheitsbild ist neben der Arthrose das häufigste orthopädische Krankheitsbild im Seniorenalter. Da vor allem die Knochen der Wirbelsäule sowie des Oberschenkels betroffen sind, ist ein Training der Rumpfmuskulatur sehr wichtig um einerseits die Wirbelsäule zu stützen, andererseits durch Druck- und Zugbelastungen auf das Knochengewebe die Knochenbildung und den Knochenstoffwechsel anzuregen um ein Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. Dieses kann mit einem Kraftausdauertraining erreicht werden. Hierbei sollte auf jeden Fall, wenn es dem Senior/in möglich ist die intensive Kraftausdauermethode angewandt werden, um eine möglichst hohe Belastung auf den Knochen zu erreichen, um den besten Effekt zu erzielen.
5.2.2.4 Künstliche Gelenke
Oftmals wurden arthrotisch verschlissene Gelenke bereits durch künstliche Gelenke ersetzt. Gegen ein Training vor allem im Kraftausdauerbereich, spricht generell nichts. Als Trainer sollte man sich nur bewusst sein, bei der Zielgruppe Senioren öfters mit Endoprothesen konfrontiert zu werden. Spezielle Übungen im Vierfüßlerstand bei Knieprothese, oder extreme Außenrotation im Hüftgelenk bei Hüftprothesen sollten dann vermieden werden. Bei Implantaten an der Wirbelsäule, speziell bei Segmentversteifungen und Osteoporose sollten dynamische Übungen im Rumpfbereich durch statische ersetzt werden.
5.2.2.5 Erkrankungen der Wirbelsäule
Als Erkrankungen der Wirbelsäule wären hier vor allem Senioren betreffend der Rundrücken, Bandscheibenvorfall sowie das Facettengelenkssyndrom und die Spinalkanalstenose zu nennen. Allen diesen Krankheitsbildern ist gleich, dass auf Dauer eine Stärkung der Rumpf- und Rückenmuskulatur zu einer Schmerzlinderung und einer Verbesserung der Lebensqualität führt. Durch die Effekte des Kraftausdauertrainings ist dann ein weiteres selbständiges Bewältigen des Alltags länger möglich. Vor allem beim einseitigen Tragen von Lasten wie z.B. Einkaufstaschen ist eine kräftige Rumpfmuskulatur wichtig um einerseits die Wirbelsäule zu stützen und andererseits als Schutz vor Stürzen in diesen Situationen. Ebenfalls ist hier je nach Beschwerdebild und Phase der Erkrankung, kein Training möglich (Bandscheibenvorfall) und baut dann über extensive hin zur intensiven Kraftausdauermethode auf. Eine Dehnung der verkürzten, gegenseitigen Muskulatur ist immer zu beachten. Kontraindiziert ist immer das Training im Schmerzbereich.
5.3 Does and Don´t s im Kraftausdauertraining mit Senioren
Bei jeder Zielgruppe und jeder Trainingsmethode gibt es Dinge die auf jeden Fall zu beachten sind und Dinge die auf jeden Fall unterlassen werden sollten. Je eingeschränkter und älter die Zielgruppe, desto mehr muss der Trainer beachten.
5.3.1 Beachten der gesundheitlichen Einschränkungen
An erster Stelle steht die Beachtung der gesundheitlichen Einschränkungen der Kursteilnehmer oder des Trainierenden. So gilt es zu Beginn jeder Stunde oder jeder Trainingseinheit die Befindlichkeit abzufragen. Bei bestimmten Symptomen oder akuten Krankheitsbildern, wie einer Grippe oder fiebrigen Erkältung, Zustand nach Herzinfarkt vor weniger als 4 Wochen, akuter Hypertonie Ruhewert größer 180/120, Frakturen jünger als 10 Wochen, alle akut behandlungsbedürftigen Erkrankungen, akuter Bandscheibenvorfall, akuter Entzündungsschub von Rheuma oder Arthritis, Rehabilitationsphase nach einem operativen Eingriff so wie akute Druck- oder Klopfschmerzen an der Wirbelsäule. Hat ein Teilnehmer oben genannte Beschwerden ist er vom Trainer freundlich und fachlich korrekt von der Stunde oder der Trainingseinheit auszuschließen. Liegen Erkrankungen oder Gesundheitszustände vor, die der Trainer nicht eindeutig beurteilen kann, ist es dessen Pflicht sich vor dem Training eine ärztliche Unbedenklichkeitsbescheinigung vom Teilnehmer vorlegen zu lassen. Generell sollte der Trainer bei starken Vorerkrankungen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen sich diese Art von ärztlicher Bescheinigung vorlegen lassen um für den Fall eines medizinischen Zwischenfalls während der Stunde oder des Trainings aus versicherungstechnischen Gründen abgesichert zu sein. Besondere Beachtung während des Trainings gilt dem Blutdruck. Um einen hohen Anstieg dessen zu vermeiden, sollten nur dynamische und keine statischen Übungen gemacht werden. Ist bei einzelnen Teilnehmern schon eine Hypertonie bekannt, ist es möglich dass diese Teilnehmer während der einzelnen Sätze Pausen einlegen um den Blutdruck wieder zu senken. Es sollte auf eine regelmäßige Atmung geachtet und Pressatmung vermieden werden. Auch sollten Übungen vermieden werden in denen der Kopf und Oberkörper unterhalb der der Hüftlinie liegt. Deshalb sollte auch auf eine ruhigere Musikauswahl geachtet werden. Das Krafttraining mit schwerem Gewicht wie beim Hypertrophie oder Maximalkrafttraining würde auf Grund der höheren muskulären Anspannung auch einen höheren Anstieg des Blutdrucks bedeuten, weshalb die Kraftausdauermethode hier wieder die richtige Trainingsmethode darstellt. Die oder der Teilnehmer/in können auch zum Tragen eines Pulsmessers motiviert werden, um während der Stunde ihren Puls überprüfen zu können. So kann bei Überschreitung eines bestimmten Wertes eine Pause eingelegt werden. Bei Gangunsicherheiten speziell beim Warm Up sollten Stützmöglichkeiten vorhanden sein oder die betreffenden Teilnehmer/innen an der Wand entlang gehen. Es muss vor der Stunde überdacht werden in welchem Rahmen Übungen am Boden möglich sind oder ob entsprechende Übungen auf einem Stuhl oder Pezziball durchgeführt werden. Bei allen Gelenkbeschwerden ist die Range of Motion immer soweit einzuschränken dass im schmerzfreien Bereich trainiert wird. Im Training mit Senioren sollte auf ausreichende lohnende Pausen geachtet werden. Der Trainer sollte auf jeden Fall auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr während des Trainings achten und die Teilnehmer darauf hinweisen schon vor der Stunde und auch danach ausreichend zu trinken.
5.3.2 Richtige Zielsetzung und Anwendung der Trainingsprinzipien
Wie bei jedem Training gilt es auch bei der Zielgruppe Senioren das Trainingsziel richtig zu formulieren. Bis zum Erreichen des Seniorenalters ist eine Steigerung der sportlichen Leistung unter Abgleich mit den persönlichen Zielen auf jeden Fall immer Teil der Zielsetzung. In Ausnahmefällen gibt es natürlich auch noch Senioren die sportliche Ziele mit einer bestimmten Leistung verfolgen. Im Normalfall wird jedoch in diesem Alter aus gesundheitlichen Gründen, aus Spaß sowie sozialen Aspekten trainiert (vgl. REGELIN, JASPER, HAMMENS, Aktiv bis 100, 2013). Ein Erhalt der momentanen Gesundheit, falls keine oder nur wenig beeinträchtigende Beschwerden vorliegen, ist dann das klare Trainingsziel. Liegen reversible Gesundheitsbeeinträchtigungen wie Übergewicht, Hypertonie, Fettstoffwechselstörung, hohe Blutfettwerte, hoher Blutzuckerwert, Kraftverlust, Muskelverspannungen, unklare Gelenkbeschwerden oder depressive Verstimmung vor, ist eine Verbesserung dieser ein weiteres Ziel. Als allererstes Ziel sollten jedoch die Senioren die Wirkung des Trainings im Hinblick auf den Erhalt der Selbstständigkeit spüren, und sich dieser bewusst werden. Ein weiteres Ziel ist Spaß an der Bewegung. Die alten Menschen sollen dabei Lebensfreude und Lebenslust spüren. Ein letztes Ziel weshalb bei Senioren gerne das Training in Gruppenform gewählt wird, ist die soziale Komponente. Die Teilnehmer können sich persönlich begegnen, Erfahrungen austauschen und sind Teil einer Gruppe. Auch bei der Gruppe Senioren sind Trainingsprinzipien zu beachten. Im Kraftausdauerbereich sind die Belastungsnormative klar definiert. Auch hier gilt das Prinzip des wirksamen Belastungsreizes, das Prinzip der progressiven Belastungssteigerung, das Prinzip der Variation der Trainingsbelastung. Die Prinzipien der individuellen Belastung, der richtigen Belastungsfolge und der wechselnden Belastung, sollten im besten Falle auch bei Senioren Beachtung finden. Das Prinzip der optimalen Gestaltung von Belastung und Erholung sowie das Prinzip der Kontinuität gelten hier genauso so wie bei jeder anderen Altersgruppe.
5.3.3 Geeignete Trainingsmittel, Formate, Didaktik und methodische Prinzipien
Für das Kraftausdauertraining mit Senioren gibt es verschiedene Trainingsmittel. Zum einen kann die Trainingsmethode sehr gut an Kraftgeräten praktiziert werden, zum anderen eignen sich Kleingeräte aus dem Kursbereich optimal. Der Vorteil der Kleingeräte liegt darin, dass die Übungen viel funktioneller und dem Alltag entsprechend gestaltet werden können. Bei dieser Art von Training, das vor allem in der Kursform als Gruppentraining Anwendung findet, wird bei jeder Übung die Rumpfmuskulatur mit trainiert, da der Rumpf immer angespannt ist um den Körper zu stützen. Diese Spannung fällt im Gerätetraining oft wesentlich geringer aus, da der Rumpf durch Polster und Lehnen gestützt wird. Ein geeignetes Trainingsformat für Senioren für Kraftausdauertraining stellt daher das Gruppentraining mit Kleingeräten dar, ebenfalls wegen der größeren Motivation in der Gruppe und der sozialen Komponente. Geeignete Kleingeräte können hier Kurzhanteln, Therabänder, Schwingstäbe, Medizinbälle, Pezzibälle, Tubes, Stühle, Stepper, Arm- und Fußmanschetten, Tücher, Balancepads, Bosubälle, Trainerstab, Fascienrollen oder die Matte selbst sein. Hier sind der Phantasie des Trainers fast keine Grenzen gesetzt. Um Senioren nicht zu überfordern sollte sich die Auswahl der Kleingeräte pro Stunde sehr beschränkt halten. Ein Kleingerät richtig eingesetzt ist hier völlig ausreichend. Es sollte auch während der Stunde darauf geachtet werden, dass die Kleingeräte immer so platziert sind, dass keine Sturzgefahr besteht, falls das Gruppentraining als Zirkeltraining durchgeführt wird oder während der Stunde durch den Raum gelaufen wird. Die Didaktik mit Senioren sollte immer so gewählt werden, dass diese die benutzten Begriffe auch verstehen. Die Übungen sollten auf Deutsch benannt werden, da jede Übung auch einen deutschen Namen hat. Englische und lateinische Fachbegriffe sollten vermieden werden, oder immer mit deutscher Übersetzung ausgesprochen werden, da der Trainer auch so seine fachliche Kompetenz zeigen kann, speziell bei Senioren. Die Kunst der Trainerin/ des Trainers besteht darin, die Senioren durch seine Ansprache zu motivieren, zu fordern aber nicht zu überfordern. Weiterhin sollte sie/er ein Ohr für die vor allem gesundheitlichen Probleme der Teilnehmer/innen haben, jedoch sie diese während der Stunde auch vergessen zu lassen und sie von diesen ablenken. Der Aufbau der Stunde erfolgt didaktisch wie praktisch nach den grundliegenden Prinzipen, vom Leichten zum Schweren, vom Bekannten zum Unbekannten, vom Einfachen zum Komplexen sowie dem Prinzip der Individualität und Altersgemäßheit.
6. Anatomie Rumpf
Der Rumpf wird unterteilt in Brustkorb (Thorax), Bauch (Abdomen) und Becken (Pelvis). Im Rahmen dieser Arbeit geht es um den Teil des abdominellen Rumpfes.
6.1 Aktiver Bewegungsapparat Rumpf
6.1.1 Bauchmuskulatur
Der wichtigste Bauchatemmuskel, und gleichzeitig die kraniale Abgrenzung zum Brustkorb ist das Zwerchfell. Zur vorderen Bauchmuskulatur gehört der M. rectus abdominis (gerader Bauchmuskel). Er ist paarig angelegt. Seine Teilung erfolgt durch die linea alba. Er entspringt am Rippenknorpel der 5-7 Rippe und dem Schwertfortsatz des Brustbeins. Seine Hauptfunktion ist die Beugung des Rumpfes und die Aufrichtung des Beckens. Seine Nebenfunktion ist die Bauchpresse und die Unterstützung bei der Ausatmung. Es gibt weiterhin drei seitliche Bauchmuskeln. Der M. obliquus externus abdominis (äußerer schräger Bauchmuskel) entspringt an der Außenfläche der 5-12 Rippe und setzt an der Rectusscheide, der linea alba und dem Schambein an. Seine Hauptfunktionen sind die Rotation, die Seitneigung und die Beugung des Rumpfes. Nebenfunktion ist die Bauchpresse. Der zweite seitliche Bauchmuskel ist der M. obliquus internus abdominis (innerer schräger Bauchmuskel). Er entspringt an der Lendenrückenbinde, dem Darmbeinkamm und dem Leistenband. Seine Hauptfunktionen sind ebenfalls die Rotation, Seitneigung und Beugung des Rumpfes. Die Nebenfunktion ist ebenfalls die Bauchpresse. Der dritte seitliche Bauchmuskel ist der M. transversus abdominis (querer Bauchmuskel). Er entspringt an der Innenfläche des 7-12 Rippenknorpels und der Lendenrückenbinde. Sein Ansatz ist die Rectusscheide innen und die linea alba. Seine Hauptfunktion ist die Bauchpresse sowie die Stabilisierung der LWS. Auch er ist in der Nebenfunktion ein Atemhilfsmuskel und übt Druck auf das Abdomen bei der Entleerung oder der Geburt aus. Als hinterer und kleinster Bauchmuskel wäre noch der M. quadratus lumborum (viereckiger Lendenmuskel) zu nennen. Er hat seinen Ursprung am Darmbeinkamm und setzt am Rippenfortsatz des 1-4 Lendenwirbels und der 12. Rippe an. Seine Hauptfunktion ist die Seitneigung des Rumpfes bei einseitiger Kontraktion. Die Nebenfunktion bei beidseitiger Kontraktion ist die Aufrichtung des Rumpfes (vgl. AUMÜLER, AUST, DOLL et.al. Anatomie Duale Reihe 2010).
Abbildung 4 Schematische Darstellung der Bauchmuskulatur in Frontalansicht
6.1.2. Rückenmuskulatur
Die Rückenmuskulatur gliedert sich in autochtone und nicht autochtone Rückenmuskulatur. Die autochtone Rückenmuskulatur ist nicht willkürlich ansteuerbar und liegt tiefer. Sie ermöglicht dem Menschen den aufrechten Gang und richtete den Rumpf auf. Zu ihr gehört der M. erector spinae (Rumpfaufrichter). Er besteht aus mehreren Strängen und reicht mit all seinen verschieden Unterteilungen vom Sacrum bis zum Hinterhauptsbein am Kopf. Er ist der wichtigste Muskel im Rückenbereich des Rumpfes und der Gegenspieler zum geraden Bauchmuskel M. rectus abdominis, jedoch wesentlich kräftiger. Die anderen zwei Rückenmuskeln, die nicht autochton ansteuerbar sind die Mm. serrati, und der M. latissimus dorsi. Der M. latissimus dorsi (breiter Rückenmuskel) hat seine Hauptfunktion in der Retroversion sowie Innenrotation des Oberarms, trägt jedoch durch seine kaudalen Ursprünge an der Darmbeinkante und den Lendenwirbeln maßgeblich zu einer Stabilität des Rumpfes im Rückenbereich bei. Die beiden Mm. Serrati vor allem der M. serratus posterior mit seinem Ursprung an den Processus spinosi TH 11 – L2 und dem Ansatz kaudal der 8-12 Rippe, sind die zweite Muskelgruppe der nicht autochtonen rückenseitigen Rumpfmuskulatur. Ihre Hauptfunktion ist die Lateralflexion (vgl. AUMÜLER, AUST, DOLL et.a. Anatomie Duale Reihe 2010) .
Abbildung 5: Schematische Darstellung der Rücken- und Bauchmuskulatur in Seit-und Rückenansicht
6.2 Passiver Bewegungsapparat Rumpf
Zum passiven Bewegungsapparat des Rumpfes gehört die Wirbelsäule. Eine Abgrenzung zum thorakalen Bereich ist hier der 12. Brustwirbel. Die Lendenwirbelsäule besteht aus fünf Wirbelkörpern zwischen denen Bandscheiben liegen. Seitlich sind die Wirbelkörper mit Bändern straff verbunden. An der Rückseite der Wirbelkörper befinden sich Querfortsätze an denen die Wirbel an Gelenkfortsätzen aneinander artikulieren. Jeder Wirbelkörper hat ein Loch, den Spinalkanal, in dem das Rückenmark verläuft. Seitlich treten die Spinalnerven aus die einerseits die Muskulatur innervieren andererseits Rückmeldungen an das Gehirn aus der Peripherie senden (vgl. AUMÜLER, AUST, DOLL et.al. Anatomie Duale Reihe 2010) .
7. Interview mit Trainerin Hildegard
Seit wann bist du Trainerin und wie alt bist du?
Ich bin 65 Jahre alt und seit 1995 nebenberuflich Übungsleiterin bei der Homburger Turngemeinde 1846 e.V., zunächst im Bereich „Turnen“ später (seit 2000) im Gesundheitssport sowie „Prävention und Rehabilitation“. (Ausbildung beim DSB)
Welche Kurse bietest du an und wie oft finden die statt?
Gymnastik für Damen und Herren 50+ Vier mal in der Woche (einige Teilnehmer sind schon seit 1995 bei mir!) Dies sind allerdings keine Kurse, sondern ständig weiterlaufende Übungsstunden.
Wie alt sind deine Teilnehmer/innen und wie oft kommen diese?
Meine Teilnehmer sind zwischen 45 und 90 Jahre alt, die meisten zwischen 70 und 80. Die meisten trainieren zwei Mal pro Woche.
Welche Trainingsmethoden wendest du an?
Zuerst eine zehn minütige Aufwärmphase (Gehen vorwärts, rückwärts, seitwärts, schnell, langsam, mit und ohne Armbewegungen). In dieser Zeit darf auch noch gequatscht werden, danach sind nur noch Anmerkungen zu den Übungen angesagt. Es folgt eine Mobilisierung der Gelenke, Kräftigung der Arm- und Beinmuskulatur, sowohl isoliert als auch kombiniert. Immer auch im Hinblick auf die Rückenmuskulatur, Brustkorb Rotation und Bauch im Stand, dann am Boden. Kräftigung der Bauchmuskulatur und des Rückenstreckers. Ich versuche soweit es den Teilnehmern möglich ist die Kraftausdauermethode anzuwenden. Zum Abschluss, zehn Minuten Dehnen, Entspannen Lockern.
Mit welchen Kleingeräten arbeitest du?
Kurzhanteln, Stäbe, Brazils und besonders gerne Therabänder, weil diese besonders gut individuell einsetzbar sind.
Welche Rolle spielt aus deiner Sicht das Training der Rumpfmuskulatur bei Senioren?
Durch falsche Haltung, unzureichende oder fehlerhafte Bewegung kommt es zu Schmerzen und Erkrankungen. Die Beweglichkeit der Arme wird eingeschränkt, der Brustkorb eingeengt, Streckung, Seitneigung und Drehung erschwert. Bandscheiben werden gequetscht, der Nervenkanal verengt, Fehlstellungen der Gelenke verursacht. Dem muss entgegengewirkt werden.
Welche Schwierigkeiten ergeben sich beim Training mit Senioren bzw. was muss man beachten?
Neben oft „selbst verschuldeten“ Ursachen, spiel auch der altersbedingte Verschleiß und eine Vielzahl an Erkrankungen eine Rolle. Schwindel, Angst, Inkontinenz, Arthrose, Rheuma und Osteoporose (selbst betroffen) Diabetes, Venenprobleme und Gelenkoperationen. Deshalb frage ich jeden Neuling: „Warum kommst du zu mir, gibt es Grunderkrankungen und hast du mit deinem Arzt gesprochen?“ Das alles bedeutet für mich die Übungen so zu wählen, dass sie niemanden unter- aber auch nicht überfordern und Alternativen die den Möglichkeiten der Teilnehmer angepasst sind. (Deshalb meine Liebe zu den Therabändern).
Über welche Effekte des Trainings berichten dir deine Teilnehmer? Positive oder auch negative?
Die meisten fühlen sich nach der Stunde lockerer und leichter, aber auch geschafft. Nach einiger Zeit fällt ihnen auch der Alltag wieder leichter, weil sie schmerzfreier agieren können. Das höre ich natürlich gerne und macht mich auch etwas stolz. Hin und wieder kommt es zu Muskelkater. Es gibt aber auch Teilnehmer die einfach nicht wiederkommen.
8. Unterrichtseinheiten
9. Fazit
Schon Joseph Pilates wusste zu Beginn des 20. Jahrhunderts wie wichtig das Training der Rumpfmuskulatur ist. Diese Muskulatur stellt das Bindeglied zwischen Ober-und Unterkörper dar. Nur durch sie kann der Körper komplett als motorische Einheit funktionieren. Die Stärke der Rumpfmuskulatur bestimmt auch die Leistung des Ober- und Unterkörpers. Da sie Atemhilfsmuskulatur, Muskulatur zur Bauchpresse bei der Geburt sowie die Muskulatur im lumbalen Bereich des Rumpfes ist, die dem Menschen den aufrechten Gang ermöglicht, ist sie neben der Herz- und Atemmuskulatur, die wichtigste Muskulatur im menschlichen Körper. Gerade diese ist für Senioren besonders wichtig um ihr Leben so lange wie möglich selbstständig leben zu können. Sie gibt ihnen Stabilität, Gleichgewicht und schützt die Wirbelsäule. Sie wird benötigt beim selbstständigen Aufstehen aus dem Bett, Tragen von Taschen und Gegenständen, beim Nutzen öffentlicher Verkehrsmittel, bei Gehen, Fahrradfahren, kurz gesagt bei fast jeder alltäglichen Bewegung. Das Training dieser Muskulatur mit der Trainingsmethode Kraftausdauer und Kleingeräten aus dem Kursbereich, stellt für Senioren das optimale Training dar. Ein regelmäßiges 60 minütiges Kraftausdauertraining, des ganzen Körpers mit Focus auf die Rumpfmuskulatur, zwei Mal pro Woche, schafft im Seniorenalter Lebensqualität. Es ermöglicht dem Einzelnen und deren Familienangehörigen einen Schutz vor zu früher Pflegebedürftigkeit und wird ihm oder ihr zu einem längeren glücklicheren Leben verhelfen.
10. Literaturverzeichnis
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WEINECK, J (2007), Optimales Training, 15 Aufl., Balingen
11. Erklärung
Hiermit versichere ich, Ralf Kraft, dass ich den vorliegenden Unterrichtsentwurf, selbstständig und ohne unerlaubte Hilfsmittel erarbeitet und verfasst habe.
Bad Homburg, 16.06.2020
Unterschrift
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